niemals vergessen
Einst stand in der Siebenbrunnengasse 1a eine prächtige Tempelanlage, die während der Novemberpogrome von Nationalsozialisten in Brand gesetzt, verwüstet und gesprengt wurde. Lange her, mag sich so manche:r denken, doch rechtes Gedankengut und Hass gegen Minderheiten ist heute präsenter denn je. Das zeigt nicht zuletzt die mutwillige Zerstörung des Denkmals, das an die einstige prachtvolle Synagoge erinnern sollte. Das Denkmal ist so stark zerstört, dass es nicht einfach wiederhergestellt werden kann. Aktuell erinnert an die verwüstete Synagoge also ein verwüstetes Denkmal. Eine traurige Wahrheit im Jahr 2022.
Es ist unsere Aufgabe, Bewusstsein zu schaffen und das heißt vor allem: Aktiv an die Verbrechen des Nationalsozialismus zu erinnern.
eine Synagoge entsteht
Margareten war einst Zentrum blühenden jüdischen Lebens. In der Margaretenstraße 73 befand sich ein Bethaus, das von den Jüdinnen und Juden aus dem 4. und 5. Bezirk gut besucht wurde. Als dieses zu klein wurde, beschloss man die Errichtung einer Synagoge in der Siebenbrunnengasse 1a mit 476 Sitzplätzen.
Wusstest du, warum die Synagoge Jubiläumstempel hieß? Die Synagoge sollte zum 60. Regierungsjubiläum Kaiser Franz Joseph I im Jahr 1908 eröffnet werden. Daher der Name „Jubiläumstempel“. Weil es finanzielle Probleme gab, fand die Grundsteinlegung aber erst 1909 statt.
Jüdische Frauen und ihr wertvolles Engagement
Vor allem die jüdischen Frauen in Margareten hinterlassen große Spuren des menschlichen Miteinanders. Was viele bis heute nicht wissen: Ein Wohltätigkeitsverein der Jüdischen Frauen der Bezirke Wieden und Margareten war sozial stark engagiert. Sie unterstützten vor allem Margaretnerinnen in Notlagen, die aufgrund des Wochenbetts oder Erkrankungen erwerbsunfähig und somit armutsgefährdet waren. Sie verteilten nicht nur Nahrungsmittel und Kohle, sondern unterstützten viele Frauen beispielsweise auch mit Kleidung für deren Kinder.
Novemberpogrome
In einem kaum vorstellbaren Akt der Gewalt und des Hasses wurde die Synagoge in der Nacht von 9. Auf 10. November 1938 nicht nur verwüstet und in Brand gesteckt, sondern zusätzlich gesprengt.
Der wertvolle Bau, der vom Architekten Jakob Gartner geplant wurde, wurde dabei komplett zerstört. Auf welchen großen Anklang die Eliminierung jüdischen Lebens in der Bevölkerung gestoßen ist, zeigt sich auch durch das Abtragen der Ruine. Die Abrissfirma aus dem 6. Bezirk übernahm das Wegräumen der Trümmer „gerne kostenlos gegen das verbleibende Material“, wie aus zeitgeschichtlichen Dokumenten hervorgeht. Der Besitzer „Israelitischer Tempelverein für die Bezirke Wieden und Margareten“ wurde im Jahr 1939 komplett enteignet und das Grundstück sowie das restliche Vermögen des Vereins fiel der Arisierung zum Opfer.
Eine Lücke die bleibt
Nach dem Krieg im Jahr 1951 wurde das Grundstück wieder an die Israelitische Kultusgemeinde übergeben. Diese verkaufte es dann in den 60er Jahren an die Jungarbeiterbewegung Wien. Heute steht auf dem Platz der ehemaligen Synagoge ein Wohnbau. Alles, was an den einstigen Prachtbau erinnert, ist eine Lichtinstallation und die bereits erwähnte aktuell zerstörte Gedenktafel. Das Beispiel der Gedenktafel zeigt: Noch immer haben wir mit nationalistischem Gedankengut und Feindseligkeiten in unserer Gesellschaft zu kämpfen. Seit der Corona-Pandemie marschieren Rechtsextreme ungeniert auf offener Straße. Margareten ist traurige Heimat des Identitären-Zentrums, ein Ort, an dem sich Neo-Faschisten zum Kampfsport treffen und ihre rechtsradikale Ideologie vorantreiben.
Es ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, wachsam zu sein. Wir müssen das Miteinander vor das Trennende stellen, das Gemeinsame vor das Ausschließen und den Menschen vor die Ideologie.